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01. Juli 2015
// Inside

Mr & Mrs Stiegelmeyer

Das Duo an der Spitze

Stiegelmeyer befindet sich seit 115 Jahren in Familienbesitz. Repräsentiert wird das Unternehmen durch das Ehepaar Anja Kemmler und Georgios Kampisiulis Kemmler. Die Mehrheitsgesellschafterin und der Vorsitzende der Geschäftsführung sprachen mit Christoph Prevezanos und Kirsten Kaawar über die aktuelle Situation der Stiegelmeyer-Gruppe, Zukunftspläne und ihr Leben zwischen Herford und der Schweiz.

Frau Kemmler, Herr Kampisiulis Kemmler, wie würden Sie sich gegenseitig beschreiben?

Anja Kemmler: Ich möchte mit einer Gemeinsamkeit beginnen: Wir sind beide bodenständige Menschen und wir ergänzen uns sehr gut. Wenn ich an meinen Mann denke, dann kommt mir seine schnelle Auffassungsgabe in den Sinn. Er ist auch ein sehr warmherziger und liebevoller Familienmensch. Auf der anderen Seite ist er ausdauernd und hat einen unheimlich starken Willen. Wenn er sich ein Ziel setzt, dann verfolgt er das mit aller Konsequenz.
Georgios Kampisiulis Kemmler: Für mich ist meine Frau eine sehr zielstrebige Person. Dabei ist sie lösungsorientiert und auch konsensfähig, boxt ihre Ziele nicht durch, sondern stimmt sie mit den anderen Parteien ab. Sie ist ein sehr feinfühliger Mensch und hat ein ausgeprägtes Sensorium für Menschen und Gefühle. Sie ist stets optimistisch, sieht immer das Gute und das Positive im Menschen.

Was bedeutet Stiegelmeyer für Sie?

AK: Für mich ist Stiegelmeyer - vertraut. Stiegelmeyer höre ich, seit ich denken kann. Ich verbinde die Marke mit Tradition, mit einer langen Historie und mit Wert.
GK: Obwohl wir den Namen Stiegelmeyer nicht tragen, spüren wir mit ihm eine extrem große Verbundenheit. Wir wachen über die Firma wie über unsere Kinder, aber nicht nur im Sinne eines Bewahrens. Ebenso wie unsere Kinder soll sich das Unternehmen weiterentwickeln und wachsen.

Sie sind ja auch ein bisschen Herr und Frau Stiegelmeyer …

AK: Ja, das kann man so sagen. Unser Ziel ist es, Stiegelmeyer in die nächste Generation zu führen und mit Stolz sagen zu können: Wir haben das Unternehmen in der Zeit, in der wir aktiv waren, weiterentwickelt. Dafür wenden wir all unsere Kraft auf.

Sie haben vorher ausschließlich mit externen Geschäftsführern gearbeitet. Was ist das Besondere daran, nun selbst den Betrieb der eigenen Familie zu führen?

AK: Nachdem die Nachfolgeregelung 2010 geklärt war, konnte die Familie die Zukunft wieder aktiv mitgestalten. Das erlaubt uns nun, die eigenen Vorstellungen von Führung und Organisation umzusetzen. Darüber haben wir in der Familie beraten, und mein Mann hat gesagt: Ok, ich nehme die Herausforderung an.
GK: Ich empfinde das als ein sehr großes Privileg. Mir wurde von der Familie die Tochter anvertraut und ein paar Jahre später das ganze Unternehmen. Aber ich bin zum Glück ja nicht allein, wir stimmen uns regelmäßig ab, auch mit meinem Schwiegervater Max und meinem Schwager Stefan Kemmler. Ich kann am Sonntagmorgen die Uhr nach Max stellen. Wenn alle noch schlafen, haben wir unser wöchentliches Status-Update per Telefon. Das Besondere daran, das eigene Familienunternehmen zu führen, ist sicherlich die Fokussierung auf die langfristig richtigen Entscheidungen. Während andere Unternehmen sich an Quartalszahlen orientieren, denken wir viel langfristiger. Die äußerst kurzen Entscheidungswege machen uns aber gleichzeitig flexibel.

Sie stehen mit Ihrem Namen ja auch hinter den Produkten der Firma …Welche Botschaft möchte die Familie vermitteln, indem sie die Sache selbst in die Hand nimmt?

AK: Wir wollen unseren Kunden und Mitarbeitern Stabilität und Kontinuität, aber auch die langfristige Weiterentwicklung des Unternehmens in die Zukunft durch unser persönliches Engagement sicherstellen. Wir möchten das Unternehmen in die nächste Generation führen.

Die nächste Generation bedeutet Ihre Kinder?

AK: Genau. Für mich ist das Ziel, unseren Kindern ein Unternehmen zu übergeben, von dem sie sagen werden: "Das haben unsere Eltern gut gemacht."

Sie stehen mit Ihrem Namen ja auch hinter den Produkten der Firma …

GK: Ja, das beschäftigt uns sehr. Wir waren im Mai in Südafrika auf der Messe und sind in Krankenhäuser gegangen.
Wenn wir dort die eigenen Produkte auf den Stationen sehen, erfüllt uns das mit Stolz. Aber es ist gleichzeitig eine riesige Verantwortung, weil die Menschen auf diese Betten angewiesen sind. Ich habe in mehreren Konzernen gearbeitet, aber noch nie so stark diese persönliche Verbundenheit mit den Produkten und die Verpflichtung dafür empfunden.

Wie kommen Sie mit der ostwestfälischen Mentalität klar?

GK: Ich möchte nicht pauschalisieren, doch man hört, die Ostwestfalen seien sture Köpfe. Der Schweizer Granit ist aber auch nicht weich. Ist das Eis jedoch zwischen beiden gebrochen, entwickelt sich eine aufrichtige Freundschaft und Herzlichkeit.

Herr Kampisiulis Kemmler, was waren Ihre größten Herausforderungen in der ersten Zeit bei Stiegelmeyer?

GK: Das Vertrauen der Mitarbeiter und der Geschäftsführerkollegen zu gewinnen. Dazu kamen wichtige Personalentscheidungen. Das hat uns sehr viel Kraft gekostet und zeitweise Unruhe ins Unternehmen gebracht, aber letztendlich sind wir jetzt auf dem richtigen Weg.
AK: Das Unternehmen war seit 1987 nicht mehr inhabergeführt. Wir waren auch in dieser Zeit sehr erfolgreich, wünschen uns jetzt aber eine noch dynamischere Kultur. Wir wollen gutes Altes erhalten, uns aber auch weiterentwickeln.

Nationale und internationale Mitbewerber greifen den Markt mit teils aggressiven Preisen an. Wie reagiert Stiegelmeyer darauf?

GK: Wir stehen alle im Wettbewerb mit anderen Firmen, das ist auch gut so. Die alleinige Fokussierung auf den Preis ist aber meines Erachtens nicht zielführend. Wir verkaufen unsere Produkte über hohe Leistung und Qualität, nicht über  niedrige Preise. Unsere Kunden haben zu Recht den Anspruch, dass die Betten auch in über 10 Jahren genauso gut funktionieren wie heute und dass wir die Ersatzteilversorgung auch lange nach dem Produktauslauf sicherstellen. Nicht umsonst haben wir Betten in der Wartung, die älter als 20 Jahre sind und einwandfrei funktionieren.
AK: Um das zu erreichen, investieren wir in den Standort Deutschland und beschäftigen allein hier über 500 Mitarbeiter. Darunter sind auch viele Auszubildende, denn wir möchten jungen Menschen in der Region eine Perspektive geben. All das dient dem Ziel, eine große Kundennähe herzustellen. Stiegelmeyer wird niemals billig sein – man kann uns nicht mit einer Firma vergleichen, die ausschließlich in Billiglohnländern produziert. Unsere Produkte sind langlebige Investitionsgüter. Dabei spielt unser Service eine große Rolle, mit dem wir in Deutschland flächendeckend aufgestellt sind. Hier im Inland bieten wir den besten After-Sales-Service. Dahinter steht eine große Organisation.

Zu den neuen Stiegelmeyer-Produkten zählt das hochwertige Komfortbett suite eMotion. Was hat zu der Entscheidung geführt, erstmals Endverbraucher direkt anzusprechen?

GK: Eigentlich sprechen wir nicht erstmalig die Endkunden an. Das war jahrzehntelang Teil unseres Kerngeschäfts. Wir haben bis in die 1970er-Jahre über Warenhäuser unsere Möbel in die deutschen Wohnungen gebracht.
AK: Schlafzimmermöbel haben wir an Privatkunden verkauft. Und dann in den Nachkriegsjahren waren es Raumsparmöbel, als der Platz eng war und das Budget klein. Jetzt bewegen wir uns im Hochpreissegment, das ist Neuland.

War es also ein Wunsch, explizit dort anzuknüpfen, wo man mal aufgehört hat?

AK:Wir sahen das Marktpotenzial, um unsere Kompetenz als Hersteller von hochwertigen und funktionalen Medizinprodukten und Möbeln nun in einem wunderschönen, exklusiven Designstück umzusetzen. Es soll der älterwerdenden Generation mehr Komfort und Sicherheit bieten. Wir haben dafür bereits viel Zuspruch erhalten und auf der Messe „imm cologne“ den Interior Innovation Award gewonnen. Das zeigt, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden.
GK: Wir haben das Bett in Dubai und in Südafrika ausgestellt – es wurde uns förmlich aus den Händen gerissen. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig, vom Privatbereich über Residenzen und betreutes Wohnen bis zu VIP-Räumen in Kliniken im Nahen Osten oder Suiten in exklusiven Hotels.

Worin liegt das besondere Erfolgsrezept von Stiegelmeyer?

AK: In einer vertrauensvollen, reibungslosen Zusammenarbeit der Abteilungen. Wir haben drei Sparten mit unterschiedlichen Anforderungen, von häuslicher über stationäre Pflege bis in den Klinikbereich, jetzt kommt noch der Privatbereich hinzu. Wir sind die einzige Firma, die so breit aufgestellt ist und dabei in den einzelnen Sparten sehr in die Tiefe geht. Das bedingt natürlich, dass wir eine große, effiziente Mannschaft beschäftigen, die bestens aufeinander abgestimmt arbeitet.
GK: Außerdem ist es wichtig Innovationen direkt im Kontakt mit den Kunden zu entwickeln, nicht am Schreibtisch. Dazu schicke ich meine Produktmanager und Entwickler raus in die Krankenhäuser und Pflegeheime. Ich möchte hochfunktionale intuitive Produkte anbieten, die der Kunde gerne nutzt und ohne 300-seitiges Handbuch bedienen kann.

In unserer Branche ist der Kunde ein professioneller Anwender. Kann man da mit neuen Produkten und Innovationen überhaupt Begehrlichkeiten wecken?

GK: Natürlich versuchen wir auch Trends zu setzen, aber vor allem geht es darum, für ein Problem draußen im Markt Lösungen anzubieten, die unseren Kunden einen echten Mehrwert und Nutzen bringen. Begehrlichkeiten können wir aber schon wecken. Das iPhone wollte vorher auch keiner haben, bis einer es hatte, und jetzt wollen es alle.

Wie beurteilen Sie zurzeit die Situation des Standortes Deutschland?

AK: Der Standort Deutschland ist unsere Heimat. Wir sind hier Marktführer, weil wir die Beziehungen zu unseren Kunden sehr pflegen. Das Wissen, das wir uns erarbeitet haben, steckt hier in den Mitarbeitern. So etwas kann ich nicht irgendwo hin transferieren. „Made in Germany“, deutsche Ingenieurskunst, findet nicht nur im Ausland großen Anklang.

Es gibt das Ziel, dass der Export 50 % ausmachen soll. Wie realistisch ist das und über welchen Zeitraum sprechen wir?

GK: Das ist ein sehr sportliches Ziel, aber machbar. Wir haben zwar den Planwert auf die nächsten 7 Jahre gelegt, realistisch sind aber eher 10 Jahre. Es sind schon enorme Umsatzzuwächse damit verbunden. Das wird uns nur gelingen, wenn wir sehr gezielt vorgehen und die richtigen Produkte für die Märkte haben. Unsere Produkt-Pipeline ist zurzeit prall gefüllt.

Wie schätzen Sie die Position der Firma Stiegelmeyer in 10 Jahren ein?

GK: Ich sehe Stiegelmeyer klar als die Nr. 1 in Sachen Kundenzufriedenheit und Service. In 10 Jahren werden wir deutlich gewachsen sein, aber unsere Kunden werden immer noch im Mittelpunkt stehen. Die Weichen sind gestellt.
AK: Ich sehe natürlich, dass wir unsere Position in Deutschland festigen und noch weiter ausbauen werden. Wir wollen durch nachhaltige Entwicklungen organisch wachsen und auch im Ausland ein solides Standbein errichten. Ich sehe Stiegelmeyer als sehr gesundes Unternehmen.

Wie stark beeinflusst Stiegelmeyer Ihr Privatleben? Dürfen Sie den Namen beim Abendessen noch erwähnen?

AK: Wir sprechen darüber regelmäßig beim Essen! Stiegelmeyer ist aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Auch unsere Kinder wachsen mit Stiegelmeyer auf. Sie spüren, welche Verantwortung dahintersteckt, und bekommen mit, wenn wir kontrovers diskutieren. Dann fragen sie auch nach, zum Beispiel, als es um die Entwicklung und Markteinführung des Klinikbettes Puro ging. Das war ein wichtiges Thema.
GK: Das Ganze hat aber auch eine Schattenseite: Die Familie spürt meine Abwesenheit.
AK: Es ist ein harter Job zuhause, da fehlt mein Mann.

Bleibt denn manchmal Zeit nur für Sie?

AK: Da arbeiten wir dran. Mein Wunsch wäre es, dass Stiegelmeyer in gewissen Momenten mal in den Hintergrund rücken kann. Ich wünsche mir ein Wochenende, an dem die 100-prozentige Aufmerksamkeit meines Mannes auf der Familie liegt.
GK: Ja, genau. Die Zeit mit meiner Familie gibt mir die Kraft, um mich wieder voll auf das Unternehmen zu konzentrieren.

Haben Sie sich das anders vorgestellt, als Ihr Mann den Posten übernommen hat?

AK: Ich habe mir keine Vorstellungen gemacht, es war einfach so klar, dass wir das tun – mit allen Konsequenzen.
GK: Aber man wächst hinein. Es ist ein großes Unternehmen, das man erst durch intensive Arbeit versteht.

Wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch.

Anja Kemmler ist die Enkelin von Hans von Hollen, dem letzten Inhaber, der bis kurz vor seinem Tod im Jahr 1987 selbst das Unternehmen führte. Die Linie ihrer Familie geht auf einen Geschäftspartner des Firmengründers Johann Stiegelmeyer zurück. Anja Kemmler, studierte Betriebswirtin, und ihr Mann sind in der Schweiz geboren und aufgewachsen. Gemeinsam mit ihrem Vater Max und ihrem Bruder Stefan Kemmler ist sie Gesellschafterin der Stiegelmeyer-Gruppe.

Georgios Kampisiulis Kemmler wurde Ende 2012 nach Stationen bei Credit Suisse, Arthur Andersen und Ernst & Young Vorsitzender der Geschäftsführung. Der 43-jährige Betriebswirt und Wirtschaftsprüfer ist mit Anja Kemmler verheiratet. Das Paar hat drei Söhne im Alter von 6, 9 und 11 Jahren. Die Familie lebt im ländlichen Mettmenstetten im Kanton Zürich.

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