„Es geht auch um Emotionen und Berührungen“
Elisabeth Makepeace über die vielen Aufgaben der Clowns in Medizin und Pflege
Seit Jahren unterstützt Stiegelmeyer die Klinikclowns. Die Arbeit dieser Künstler, die sowohl Kinder im Krankenhaus als auch Senioren im Altenheim begeistern, liegt uns am Herzen. Die Clowns sind seit über 20 Jahren in Deutschland tätig. Seit 15 Jahren gibt es den Dachverband Clowns in Medizin und Pflege Deutschland e.V. mit Sitz in Freising. Elisabeth Makepeace, die Vorsitzende des Dachverbands, sprach mit uns über die unterschiedlichen Bedürfnisse in Heimen und Kliniken, die Herausforderungen des digitalen Zeitalters und den langen Weg zu einer sicheren Finanzierung.
Frau Makepeace, Ihr Name ist so schön und passt so gut zu den Klinikclowns – ist das ein Künstlername?
Das werde ich sehr oft gefragt. Es ist ein angeheirateter Name, mein Mann ist Amerikaner. Makepeace ist aber auch in Amerika ein seltener Name.
Bitte stellen Sie sich und Ihre Aufgabe im Dachverband vor.
Vor über 20 Jahren habe ich den Verein KlinikClowns Bayern gegründet. Damals war das ein Novum. Über die Jahre kamen immer mehr Vereine dazu, und der Kontakt untereinander wurde enger. Im Jahr 2004 haben sich vier Vereine zum Dachverband zusammengeschlossen, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu unterstützen. Mittlerweile sind wir 16 Vereine, zwei weitere bewerben sich gerade. Ich bin seit 2008 Vorsitzende des Dachverbands. Ursprünglich bin ich Schauspielerin und Regisseurin. In München hatte ich acht Jahre lang ein kleines Theater. Dann kamen meine Kinder zur Welt, und Theater ist nicht sehr familienfreundlich. Die Idee der Klinikclowns kam Anfang der 90er-Jahre aus Amerika nach Europa und wurde zuerst in Österreich aufgegriffen. Ich stamme ursprünglich aus Wien und habe die Clowns dort kennengelernt. Mich hat fasziniert, wie man mit dieser Art das Künstlerische mit dem Sozialen verbinden und viel bewirken kann. Das hat mich bewogen, die KlinikClowns Bayern zu gründen.
Viele Menschen kennen die Klinikclowns durch ihre Auftritte für Kinder in Krankenhäusern. Doch die Clowns treten auch für Senioren in Pflegeheimen auf. Ist das eine neue Entwicklung?
Bei uns in Bayern nicht. Als wir 1998 in Kinderkliniken begonnen haben, gab es ein großes Presse-Echo. Damals kam sofort eine Heimleitung auf uns zu und sagte, sie könne sich die Clowns sehr gut auch in ihrem Haus vorstellen. Wir haben kurz gezögert, sind dann aber schon im Herbst 1998 erstmals im Altenheim aufgetreten. Seitdem ist der Bedarf immer weiter gewachsen. Heute sind alle Mitgliedsvereine des Dachverbands auch in Heimen im Einsatz.
Wodurch unterscheiden sich Kinder und Senioren als Publikum?
Kinder sind sehr spontan, gehen sofort mit oder äußern auch, wenn ihnen etwas nicht passt. Bei älteren Menschen ist die Reaktion manchmal etwas verzögert, aber bei ihnen geht es ohnehin nicht nur ums Lachen. Wichtig ist es, durch regelmäßige Besuche Vertrauen aufzubauen. Es geht um Emotionen und Berührungen in jeder Form. Für viele Bewohner im Altenheim sind die Clowns ein Ventil, um ihren Emotionen freien Lauf lassen zu können. Da fließen auch mal Tränen, aber im positiven Sinn, weil die Menschen etwa loswerden. Manchmal sind die Clowns auch Stellvertreter für die eigenen Kinder oder Enkel.
Was machen die Clowns im Altenheim anders als im Krankenhaus?
Im Altenheim wird viel erzählt, es geht um Berührungen und Begegnungen und es wird gern musiziert. Gerade im Demenzbereich ist es oft erfreulich, dass alle mitsingen, den Text kennen, sich öffnen und so auch untereinander wieder mehr Kontakt haben.
Welche Ausbildungen haben die KlinikClowns absolviert?
Eine künstlerische Ausbildung ist die Voraussetzung, um sich bei einem unserer Vereine zu bewerben. Die meisten haben eine Schauspiel- oder Clownsausbildung, viele sind auch Musiker. Das ist das Handwerkszeug, das man braucht, um diese Arbeit machen zu können. Wenn sich ein Künstler bei einem Verein bewirbt, findet ein „Casting“ statt. Dabei werden verschiedene Situationen nachgespielt, die in den Einrichtungen auftreten könnten. Wir schauen, ob die Clowns teamfähig sind, denn sie arbeiten ja immer zu zweit oder in der Gruppe. Wenn jemand aufgenommen wird, geht er anfangs „in Zivil“ oder als Drittclown mit und lernt die Arbeit kennen. Dabei stellt sich heraus, ob er der Aufgabe gewachsen ist, auch mit schwerkranken, alten und sterbenden Menschen zu arbeiten. Das muss man verarbeiten können. Wir unterstützen unsere Clowns dabei, sie erhalten Supervision und Coachings. Oft sind sie zusätzlich auch ein Ventil für die Sorgen und Belastungen der Angehörigen und Pflegekräfte, die ebenfalls aufgefangen werden möchten.
Sie blicken auf 21 Jahre KlinikClowns zurück – was hat sich in dieser Zeit verändert? Gibt es Moden und Trends, gehen Sie auf technische Entwicklungen ein?
Die Technik ist manchmal ein Hindernis. Es gibt schon Dreijährige, die am Tablet hängen und nicht mehr aufschauen, wenn im Raum etwas passiert. Smartphones haben in den letzten Jahren die Fernseher oft abgelöst. Selbst in Dreibettzimmern starren die Kinder auf ihre Handys, statt miteinander zu sprechen. Unsere Clowns versuchen, die Kinder wieder zu mehr Aktivität zu ermuntern. Sie zeigen, dass man mit Fantasie viel erleben kann. Auch innerhalb des Zimmers entsteht dadurch wieder mehr Kontakt und Spielfreude.
Die Klinikclowns-Vereine sind auf Spenden angewiesen. Wie ist ihre finanzielle Situation?
Das ist von Region zu Region und von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Wir haben niemals Sicherheit, wir müssen in jedem Jahr viel tun, um Spenden zu erhalten. Wir kämpfen seit Jahren um eine Unterstützung durch die öffentliche Hand oder die Krankenkassen, aber das ist ein weiter Weg. Die Nachfrage reißt nicht ab, wir erhalten immer neue Anfragen und möchten natürlich auch bisherige Partner erhalten. Es gibt im sozialen Bereich immer mehr Organisationen, die auf Spenden angewiesen sind, aber der Kuchen wird insgesamt nicht größer. Wir sind in Kontakt mit dem Bundesministerium für Gesundheit, das uns viel Wohlwollen entgegenbringt. Wir wünschen uns, dass wir weiterhin gute Arbeit leisten und unsere Qualität steigern können.