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10. Januar 2019
// Reportagen & Berichte

Erleichterung oder Belastung für die Kranken- und Altenpflege?

Diskussionen um das neue Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals

Der Deutsche Bundestag hat am 9. November 2018 das Gesetz zur Stärkung des Pflegepersonals (PpSG) beschlossen. Ziel dieses Gesetzes ist eine spürbare Verbesserung des Alltags von Pflegekräften in der Kranken- und Altenpflege. Hierzu wurden mehrere Schritte für eine bessere Personalausstattung und bessere Arbeitsbedingungen festgelegt, die zum Großteil mit Beginn dieses Jahrs in Kraft treten. “Ab dem 01.01.2019 können Krankenhäuser und stationäre Pflegeeinrichtungen neues Pflegepersonal einstellen. Denn wir stellen sicher, dass die Krankenkassen 13.000 Pflegestellen in der Altenpflege und jede zusätzliche Pflegegestelle im Krankenhaus finanzieren”, verkündete Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.1)

Die Verteilung der 13.000 versprochenen Stellen in der Altenpflege ist abhängig von der Bewohneranzahl in den Pflegeeinrichtungen und reicht von einer halben Stelle bei weniger als 41 Bewohnern bis hin zu zwei Stellen bei mehr als 120 Bewohnern.1) Allerdings müssen diese zusätzlichen Stellen mit Pflegefachpersonal besetzt werden. Gelingt dies trotz intensiver Bemühungen nicht innerhalb von vier Monaten, kann auch eine Pflegehilfskraft eingestellt werden, die sich zur Pflegefachkraft ausbilden lässt. Für die Mittel zur Refinanzierung jeder zusätzlichen und aufgestockten Pflegestelle im Krankenhaus gibt es keine Obergrenze. Auch der übliche zehnprozentige Eigenanteil der Krankenhäuser entfällt. Die Mittel sind jedoch zwingend zweckgebunden für Pflegestellen am Bett einzusetzen.

 

Neben der von Jens Spahn angekündigten Aufstockung des Pflegepersonals in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen soll der Pflegeberuf an sich attraktiver werden. So werden z. B. die Kosten für Maßnahmen zur besseren Vereinbarung von Pflege, Familie und Beruf über einen Zeitraum von 6 Jahren zur Hälfte von den Kostenträgern übernommen. Auch die betriebliche Gesundheitsförderung wird stärker unterstützt, indem die Krankenkassen verpflichtet werden, mehr als 70 Millionen Euro im Jahr speziell für entsprechende Leistungen aufzuwenden.1) Zusätzlich sollen für sechs Jahre Maßnahmen zur Abdeckung “besonderer Betreuungsbedarfe” in der Kranken- und Altenpflege finanziell unterstützt werden. Hierzu gehören z. B.  Bedarfe der Kinderbetreuung außerhalb der üblichen Kita-Öffnungszeiten.

Allerdings finden nicht alle im PpSG verabschiedeten Schritte auch Anklang. Besonders die festgelegten Personaluntergrenzen, die eigentlich für eine Verbesserung der pflegerischen Versorgung im Krankenhaus sorgen sollen, werden von mehreren Stellen kritisiert, z. B. vom Deutschen Pflegerat (DPR), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und dem Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK). Die Untergrenzen sind als maximale Anzahl von Patienten pro Pflegekraft definiert und gelten für vier pflegeintensive Bereiche im Krankenhaus:
 
Intensivmedizin
in der Tagschicht maximal 2,5 Patienten pro Pflegekraft 2)
in der Nachtschicht maximal 3,5 Patienten pro Pflegekraft 2)

Geriatrie
in der Tagschicht 10 Patienten pro Pflegekraft 2)
in der Nachtschicht 20 Patienten pro Pflegekraft 2)

Kardiologie
in der Tagschicht 10 Patienten pro Pflegekraft 2)
in der Nachtschicht 20 Patienten pro Pflegekraft 2)

Unfallchirurgie
in der Tagschicht 12 Patienten pro Pflegekraft 2)
in der Nachtschicht 24 Patienten pro Pflegekraft 2)

Darüber hinaus wurde auch ein Grenzwert für den Anteil von Pflegehilfskräften am Personal entschieden. Das Bundesgesundheitsministerium begründet die Festlegung der Personaluntergrenzen mit dem Scheitern der Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen. “Bereits seit Juli des vergangenen Jahres haben die Interessenvertreter von Krankenhäusern und Krankenkassen den Auftrag, Personaluntergrenzen für pflegeintensive Krankenhausbereiche selber festzulegen. Diese Verhandlungen sind gescheitert. Dieses Versagen der Selbstverwaltung erfordert unser Handeln zum Schutz der Patienten und Pflegekräfte”, so Jens Spahn.1) Krankenhäuser, die sich nicht an die Vorgaben halten, müssen mit Abschlägen in der Vergütung rechnen. Kritiker befürchten unter anderem eine Verknappung von Behandlungskapazitäten auf Intensivstationen sowie den Abzug von Pflegefachpersonal von anderen Krankenhausstationen, für die keine Personaluntergrenzen gelten. „Zahlreiche Kliniken mit Intensivstationen werden nicht mehr in der Lage sein, zusätzliche Patienten aufzunehmen, weil sie ansonsten die Personalvorgaben nicht mehr erfüllen”, so Dr. Gerald Gaß, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft.3) Außerdem weist Dr. Gaß darauf hin, dass der bestehende Mangel an Pflegefachkräften bekannt ist und die Krankenhäuser nicht bewusst auf Einstellung neuer Fachkräfte verzichten würden.

Das sogenannte “Sofortprogramm Pflege” enthält noch zahlreiche weitere Schritte, mit denen das Bundesministerium Erleichterung in der Alten- und Krankenpflege schaffen möchte. Eine Gesamtübersicht finden Sie auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums.

Quellen:
1)  https://www.bundesgesundheitsministerium.de/sofortprogramm-pflege.html#c13145
2)  https://www.bundesgesundheitsministerium.de/personaluntergrenzen.html
3)  https://www.rechtsdepesche.de/kritische-meinungen-zur-festlegung-der-personaluntergrenzen/
     https://www.rechtsdepesche.de/personaluntergrenzen-verfehlen-ihr-ziel/

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