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20. Mai 2021
// Reportagen & Berichte

Die MDR tritt in Kraft – Burmeier unterstützt Sie Schritt für Schritt

Marketing Product Manager Sven Koppelwiser beantwortet Fragen zur EU-Medizinprodukteverordnung

Die neue EU-Medizinprodukteverordnung (Medical Device Regulation – MDR) tritt am 26. Mai mit einjähriger Verspätung in Kraft. Für den Aufschub sorgte die Corona-Pandemie. Trotz der zusätzlichen Vorbereitungszeit gibt es bei vielen Herstellern, Betreibern und Händlern noch Fragen und Befürchtungen. Sven Koppelwiser, Marketing Product Manager Homecare bei Burmeier, kennt Antworten und Lösungen. In unserem Interview erklärt er, was Fachhändler nun beachten müssen und wie Burmeier sie dabei unterstützt.

Was ändert sich ab dem 26. Mai für den Sanitätsfachhandel beim Umgang mit Pflegebetten?

Sven Koppelwiser: Grundsätzlich sollen alle Wirtschaftsakteure – also sowohl die Händler als auch wir Hersteller – ihre Medizinprodukte über deren gesamten Lebenszyklus aufmerksam beobachten und begleiten. Zugleich fordert die MDR von Händlern und Herstellern, noch intensiver zusammenzuarbeiten als bisher.

Gehen wir zusammen die Neuerungen Schritt für Schritt durch. Was sollten die Sanitätshäuser beim Erwerb und der Anlieferung neuer Produkte beachten?

SK: Neu erworbene Hilfsmittel müssen ab 26. Mai den MDR-Vorgaben entsprechen. Das bedeutet, dass Händler ab sofort nur noch Lieferanten auswählen sollten, die alle MDR-Anforderungen erfüllen. Zusätzlich sollte es im Wareneingang ein Stichprobenverfahren geben, um zu überprüfen, dass die Lieferanten ihre Zusagen tatsächlich einhalten. Dabei geht es zum Beispiel um die CE-Kennzeichnung auf dem Typenschild oder die Konformitätserklärungen und Gebrauchsanweisungen in jeweiliger Landessprache, die dem Produkt beiliegen müssen. Anschließend wird das neue Produkt unter Berücksichtigung seiner Lager- und Transportbedingungen eingelagert oder ausgeliefert. Diese Bedingungen findet man bei Burmeier auf der Produktverpackung und in der Gebrauchsanweisung.

Ein neues Pflegebett von Burmeier hat – natürlich – alle Kontrollen bestanden und wird nun in einen Haushalt geliefert. Was ist zu beachten?

SK: Jetzt ist es ganz wichtig, dass der Händler genau dokumentiert, welcher Kunde welches Bett erhalten hat. Für die geforderte Marktbeobachtung oder im Falle eines Vorkommnisses oder Rückrufs muss diese Information im Sanitätshaus abrufbar sein.

Was hat es mit der „Marktbeobachtung“ genau auf sich?

SK: Die Händler müssen in ihrem Qualitätsmanagement-System einen Plan zur systematischen Überwachung von Medizinprodukten aufbauen. Dazu kann z. B. gehören, sich in regelmäßigen Abständen bei den Kunden zu melden und nach dem einwandfreien Funktionieren des Pflegebettes zu fragen. Es muss festgelegt werden, wie man mit Kundenrückmeldungen und Beanstandungen umgeht und wie diese Meldungen an den Hersteller weitergegeben werden. Diese alltäglichen Punkte gehören zur „Marktbeobachtung“. Tritt hingegen an einem Medizinprodukt ein schwerer Defekt auf, bei dem sich ein Nutzer vielleicht sogar verletzt, entstehen für den Händler Pflichten im Rahmen der sogenannten „Vigilanz“ (lat. Wachsamkeit). Ein solches Vorkommnis muss an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemeldet werden. Auch wir als Hersteller rufen die Händler dazu auf, uns in so einem Fall zu kontaktieren. Das betroffene Produkt sollte bis zur Klärung des Falls aus dem Verkehr gezogen werden.

Angenommen ein Pflegebett hat einen Einsatz unbeschadet überstanden und wird nun vor der Wiederverwendung aufbereitet. Was ist dabei zu beachten? Die MDR fordert, dass von einem Medizinprodukt „keine Gefährdung für die Gesundheit, Sicherheit oder andere im öffentlichen Interesse schützenswerte Rechtsgüter“ ausgehen darf. Bezieht sich das auch auf eine sichere Hygiene?

SK: Ja, die Händler sollten in ihrem QM-Handbuch einen Aufbereitungs-Prozess festlegen, der eine validierbare, kontinuierliche Ergebnisqualität liefert. Aus unserer Sicht eignen sich maschinelle Verfahren dafür am besten. Unsere Modelle Dali wash und Lippe IV waschbar sind für die Reinigung in Waschanlagen ebenso optimiert wie für die aerogene Desinfektion mit Wasserstoffperoxid. Mit diesen Verfahren werden multiresistente Keime wirkungsvoll bekämpft. Wir erwarten, dass nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie die Anforderungen an eine sichere Hygiene in Zukunft weiter steigen.

Wie stark wird die MDR die alltägliche Arbeit in den Sanitätshäusern verändern?

SK: Für viele Häuser waren die Anforderungen der MDR auch bisher schon selbstverständlich. Arbeit kommt jedoch auf Händler zu, die noch kein Qualitätsmanagement-System haben. Die eigenen Prozesse müssen so umstrukturiert werden, dass sie den MDR-Vorgaben entsprechen. Die Mitarbeiter benötigen Schulungen. Und vor allem müssen viele Arbeitsschritte nun dokumentiert und die Dokumente zehn Jahre lang gespeichert werden. In unseren Seminaren sagen mir Teilnehmer immer wieder: „Dann lege ich zur Dokumentation einen Ordner an.“ Aber es kann nicht für 10.000 Hilfsmittel je einen Papier-Schnellhefter geben. Hier sind EDV-Lösungen gefragt. Das betrifft auch das Erfassen von Produktnummern. Ab 2025 muss im Rahmen der MDR jedes Pflegebett mit einer Unique Device Identification (UDI) auf dem Typenschild gekennzeichnet sein. Diese Nummern sollte man besser scannen als abschreiben.

Wie wird die Einhaltung der MDR-Vorschriften kontrolliert werden?

SK: Dafür sind die regionalen Aufsichtsbehörden zuständig. In Nordrhein-Westfalen sind das die Bezirksregierungen, in anderen Bundesländern die Gesundheitsämter oder die Gewerbeaufsichtsämter. Ich rechne damit, dass zu Beginn eher wir Hersteller kontrolliert werden als die Händler.

Wie unterstützt Burmeier den Fachhandel bei den neuen Herausforderungen?

SK: Zunächst möchte ich ganz klar sagen, dass alle Betten, die sich zurzeit im Fallpauschalen-Bestand befinden, unbefristet ohne Nachrüstungen weiter genutzt werden können. Erst ab dem Stichtag 26. Mai müssen neu erworbene Produkte den spezifischen Anforderungen der MDR entsprechen. Wir bei Burmeier waren schon vor einem Jahr auf den Start der MDR vorbereitet, daher sind unsere seit Mai 2020 ausgelieferten Betten MDR-konform. Die Unterlagen, die dies dokumentieren, sind in jeder Gebrauchsanweisung und online auf www.burmeier.com verfügbar. Gerade die ständige Abrufbarkeit der jeweils aktuellen Konformitätserklärungen im Internet erleichtert den Händlern die Dokumentation. Sie müssen nicht ständig mit uns in Kontakt stehen, weil sich irgendwo eine Unterschrift geändert hat und sie ein neues Blatt Papier abheften müssen.

Unterstützen wir unsere Partner auch bei Marktbeobachtung und Vigilanz?

SK: Ja, wir sind gerade dabei, ein unkompliziertes Kommunikationssystem für eine gemeinsame Marktbeobachtung aufzubauen. Geplant ist, dass wir die Händler einmal im Jahr proaktiv anschreiben und sie bitten, ihr Kunden-Feedback online in einem Umfrage-Tool einzutragen. So schaffen wir eine inhaltliche Struktur, die den Händlern ihrerseits hilft, die vorgeschriebenen Daten bei ihren Kunden abzufragen. Im Falle eines Vorkommnisses begleiten unsere Sicherheitsbeauftragten den Händler durch einen strukturierten normgerechten Prozess. Wir untersuchen das Bett und helfen bei der Zusammenarbeit mit Behörden und Versicherungen. Diese kompetente Unterstützung ist für alle Betroffenen ein großer Mehrwert. Die Fachleute der Stiegelmeyer-Gruppe beraten wichtige Normungsgremien und besitzen auf dem Gebiet der Sicherheit eine Expertise, die längst nicht bei jedem Hersteller selbstverständlich ist.

Burmeier bietet gemeinsam mit dem Partner Volkmer Management regelmäßig Online-Schulungen zur MDR an. Was können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei lernen?

SK: Die Schulung vermittelt ein Bewusstsein dafür, was die MDR ist und welche Auswirkungen sie auf die Händler hat. Und dann geht es konkret darum, wie man am besten anfängt. Wir haben Checklisten vorbereitet, mit denen sich die Händler einfach Punkt für Punkt an die Umsetzung machen können. Der originale Text der Verordnung ist sehr schwierig und produziert oft mehr Fragen als Antworten. Mitarbeiter im Sanitätshaus können sich davon leicht verunsichert fühlen, obwohl sie eigentlich schon immer das meiste richtig umsetzen. Unsere Schulungen sollen für Klarheit sorgen und die ersten Schritte auf dem neuen Weg erleichtern.

Das nächste zweitägige Burmeier-Webinar zur MDR findet am 8. und 18. Juni 2021 statt. Alle Infos zur Anmeldung gibt es hier: https://www.burmeier.com/informationen/schulungen/

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