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24. Juli 2019
// Reportagen & Berichte

Blutdruck aus dem Computer

Im „Skills Lab“ der Fachhochschule Münster lernen die Studierenden mit einem Simulations-Patienten

„Man darf nicht Puppe zu ihm sagen“, erklärt Dekan Prof. Dr. Rüdiger Ostermann. Wir stehen in der Fachhochschule Münster um ein Pflegebett, indem ein ungewöhnlicher Bewohner liegt. Mit geschlossenen Augen und geöffnetem Mund macht er einen sehr schutzbedürftigen Eindruck. Sein Husten und sein Ringen um Luft scheinen nach sofortiger Hilfe zu verlangen. Doch tatsächlich können wir unser Gespräch in Ruhe fortsetzen – denn der Bewohner ist ein künstlicher Simulations-Patient im „Skills Lab“ (Fähigkeitenlabor) des Fachbereichs Gesundheit.

Dass man ihn nicht „Puppe“ nennen soll, liegt an seiner hochmodernen Technik und seinem Preis. Die Kosten für Simulations-Patienten starteten je nach Typ bei 10.000 Euro und endeten im sechststelligen Bereich, sagt Prof. Ostermann. Künstliches Blut, tränende Augen, Säuglinge – die Auswahl ist groß und erfüllt nahezu jede Anforderung. Das Modell in Münster heißt Nursing Anne™, könnte aber auch ebenso gut einen männlichen Namen tragen: Mit wenigen Handgriffen lassen sich die Geschlechtsmerkmale austauschen, sodass die Behandlung von Frauen und Männern gleichermaßen geübt werden kann.

Dozent hinter der Spiegel-Scheibe

Der Simulations-Patient liegt in einem Elvido-Bett von Stiegelmeyer und ist das Herzstück eines Pflegezimmers. An einer Wand befindet sich eine breite verspiegelte Scheibe, die an den Verhörraum aus einem Fernsehkrimi erinnert. Tatsächlich sitzt der Dozent unsichtbar hinter dieser Scheibe und beobachtet wie ein Regisseur die Leistungen seiner Studierenden. Sascha Quitter vom Fachbereich Gesundheit, der das Skills Lab betreut, zeigt das eindrucksvolle Computer-Equipment des Raumes. Der Dozent kann Symptome erzeugen und den Patienten per Mikrofon sprechen lassen, sodass bei der Anamnese ein richtiger Dialog entsteht. Oder er filmt das Geschehen und setzt im Video sofort grüne und rote Markierungen, um dem Studierenden im Anschluss zu zeigen, was gut und was verbesserungsfähig war.

Das Lernen mit einem Simulations-Patienten bringt für Studenten und Dozenten viele Vorteile. Potenziell schmerzhafte Eingriffe wie z. B. das Legen eines Katheters können hier geübt werden, ohne realen Patienten Unannehmlichkeiten zu bereiten. Zugleich lassen sich die Leistungen der Studenten besser beurteilen: Bei einem fest voreingestellten Puls und Blutdruck sind ihre Messergebnisse entweder richtig oder falsch.

Theaterpädagogen als Übungspartner

Dennoch werden im Skills Lab auch lebende Menschen als Übungs-Partner benötigt. Diese Rolle übernehmen Theaterpädagogik-Studenten von der Hochschule Osnabrück. „Die Theaterpädagogen sind so gut ausgebildet, dass sie 20 Mal hintereinander eine Situation genau gleich spielen können“, sagt Prof. Ostermann.

Im Fachbereich Gesundheit der Fachhochschule Münster werden angehende Pflegelehrer geschult. Diese Studierenden haben bereits eine dreijährige Pflegeausbildung absolviert und lernen nun, wie sie ihr Wissen an den Nachwuchs weitergeben können. Mit dem Simulations-Patienten werden vor allem Anleitungssituationen geübt.

Der Weg zum Pflegelehrer ist lang. Nach der dreijährigen Ausbildung stehen weitere drei Jahre Bachelor-Studium und zwei Jahre Master-Studium auf dem Lehrplan – insgesamt also mindestens acht Jahre. „In dieser Zeit sind andere Studierende bereits promoviert“, sagt Prof. Ostermann. Doch das Ziel lohne sich auch. „Unsere Absolventen müssen sich nicht um Stellen bewerben. Sie suchen sich die Pflegeschulen aus, die sich bei ihnen bewerben dürfen“, erklärt Herr Ostermann. Auch die Bezahlung, die früher hinter anderen Lehrberufen zurückgeblieben sei, befinde sich mittlerweile auf einem guten Niveau.

Das Pflegebett Elvido spielt im Skills Lab eine wichtige Rolle. Die angehenden Lehrer können mit seiner Hilfe lernen, ihre Schüler auf die vielen Vorteile seiner Verstellmöglichkeiten aufmerksam zu machen. Sowohl Bewohner als auch Pflegende werden dadurch entlastet. In einem geplanten Neubau für den Fachbereich Gesundheit soll es zusätzlich auch ein Skills Lab für den Krankenhausbereich geben.

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